Endlich hatte ich am 05.09.2010 nach sechs Jahren wieder einmal Gelegenheit, dem Technischen Denkmal „Brikettfabrik Louise“ in Domsdorf einen Besuch abzustatten. Diesen Bericht wollte ich eigentlich bereits viel früher posten, aber mit der Muße zum Pflegen des eigenen Blog ist das halt manchmal so eine Sache ...

Brikettfabrik Louise

Brikettfabrik Louise von der Straße aus gesehen. Die ockerfarbenen Quader unterhalb des Schornsteins sind die sogenannten Brüdenschlote

Brikettfabrik Louise

Brikettfabrik Louise von Süden her gesehen

Brikettfabrik Louise

Brikettfabrik Louise, Zentrale und Pressenhaus

Zu meinem Entzücken fand ich alles nahezu unverändert vor. Brikettfabrik Louise war nicht weniger als 110 Jahre in Betrieb, nämlich von 1882 bis 1992. Damit war sie eine der am längsten in Betrieb befindlichen Brikettfabriken der Lausitz, übertroffen nur von der Brikettfabrik Morgenrot in Senftenberg, welche 116 Jahre in Betrieb gewesen war, bevor sie 1986 zugunsten des Tagebau Meuro stillgelegt wurde. Louise war auch einer der kleinsten Betriebe ihrer Art, ein echter Zwerg verglichen z.B. mit der „Sonne“ in Freienhufen. Nach 1990 verringerte sich die Nachfrage nach Briketts radikal, so daß gemäß den Gesetzen des Marktes (?) die damals noch in Betrieb befindlichen Brikettfabriken der Lausitz während der ersten Hälfte der 90er Jahre in rascher Folge stillgelegt wurden. Heute, 2010, noch in Betrieb ist einzig die letzte der neuesten Generation ihrer Art in Schwarze Pumpe Mitte.

Außerdem produziert in Westdeutschland noch die Brikettfabrik Wachtberg (Kohleveredlungsbetrieb Frechen) das Union-Brikett. In Tschechien stellte leider die letzte verbliebene Brikettfabrik, Briketárna Vřesová, 2010 ihren Betrieb ein. Ob in Polen noch Briketts hergestellt werden, weiß ich leider nicht (wüßte es aber gerne).

Bei fast allen Brikettfabriken der Lausitz, außer eben bei Louise sowie in Knappenrode bei Hoyerswerda, wurde unmittelbar nach der Stillegung mit dem Abriß begonnen. Doch im Falle von Louise konnte dies zum Glück verhindert werden, vielmehr wurde Louise zum Technischen Denkmal ernannt. (Die Sitte, daß Tagebaue und Brikettfabriken oftmals recht angenehme weibliche Namen trugen oder getragen hatten, war der Tatsache geschuldet, daß die einstigen kapitalistischen Bergwerksbesitzer in dieser Weise ihren Gemahlinnen und Töchtern Ehre antun wollten.) Dank der Arbeit einiger unermüdlicher Enthusiasten blieb dieses wertvolle und wunderschöne Stück historischer Technik bis heute erhalten, und ich hoffe sehr, daß dies auch in Zukunft dauerhaft der Fall sein wird.

Die Besichtigung des Werkes leitete, wie schon vor sechs Jahren, Herr Bartholomäus, dessen bis hin zum Drastischen anschauliche Schilderungen von umfassendem Wissen über wirklich alles zeugen, was im Zusammenhang mit den Vorgängen und Abläufen in der Brikettfabrik steht.

Speisewasseraufbereitung

Speisewasseraufbereitung

In diesem Raum wurde das Speisewasser aufbereitet, das heißt vom für die Dampfkessel gefährlichen Kalk befreit. Dampf wurde in der Brikettfabrik Louise für die Erzeugung von Elektroenergie, für die Trocknung der Kohle sowie für den Antrieb der Brikettpressen benötigt. Bemerkenswert ist auch das graue Stahlgerüst links der Bildmitte. Hierbei handelt es sich um den Rest der Schachtanlage, die sich ursprünglich hier an dieser Stelle mitten in der Fabrik befunden hatte, was auch durch den Kohlehunt dahinter verdeutlicht werden soll.

Dazu muß man zur Verdeutlichung sagen, daß Louise in ihrer Anfangszeit mit, verglichen mit den Dimensionen heutiger Tagebaue, geradezu schamhaft bescheidenen Dimensionen ihrer Bergwerke operierte. Dies waren zuerst Tiefbaue, das heißt, daß die Kohle unter Tage gewonnen wurde, mit Schächten und Strecken. Doch diese Art der Gewinnung der Kohle erschöpfte sich bereits vor dem 1. Weltkrieg, so daß fortan der Tagebau immer mehr Bedeutung erlangte.

Diese Tagebaue waren immer noch sehr klein und lagen in unmittelbarer Nachbarschaft der Brikettfabrik. Die Kohle wurde mittels einer sogenannten Kettenbahn auf einer schiefen Ebene vom Tagebau in die Brikettfabrik gefördert. Die auf Gleisen laufenden Kohlehunte waren an eine umlaufende Kette angehangen, die von einer Lokomobile ähnlich der hier aufgestellten angetrieben wurde.

Kohlebunker mit Lokomobile für den Antrieb der Kettenbahn

Kohlebunker mit Lokomobile für den Antrieb der Kettenbahn

Spielzeug-Materialseilbahn

Auch Materialseilbahnen wurden im Umfeld der Louise eingesetzt. Diese hier ist allerdings leider nur eine Atrappe. Tatsächlich waren solche Materialseilbahnen, wie sie früher oft nicht nur in der Kohle eingesetzt wurden, in allen Teilen wesentlich größer dimensioniert und besaßen außerdem typischerweise sowohl ein statisches Tragseil als auch ein umlaufendes Zugseil, oder deren mehrere.

Kesselrückwand mit Schieber

Kesselrückwand mit Schieber

Mit dem großen händisch hinauf- und hinunterzuleiernden Schieber wurde die Leistung der Dampfkessel reguliert. Man kann sich leicht vorstellen, daß dies ein sehr träger Vorgang war.

Brikettpresse Baujahr 1883

Dies ist die älteste Brikettpresse vom Baujahr 1883

Brikettpresse Baujahr 1985

Diese jüngste Brikettpresse ist 102 Jahre jünger als die älteste!

Brikettpresse Baujahr 1913

Die dritte hier ist vom Baujahr 1913 und war mit den beiden anderen bis zur Stillegung in Betrieb

Meiner Ansicht nach sind ja sehr viele DDR-Betriebe nach 1990 in die Hände von Geschäftemachern gefallen, die zwar die Betriebe „für 'nen Appel und 'n Ei“ von der „Treuhand“ übernommen hatten, nur um diese Betriebe nach oft recht kurzer Restlaufzeit schlicht als Schrott zu verkaufen. Das konnte ein „glänzendes Geschäft“ sein, bei dem man mit dem Verkauf des Schrotts hohe Geldsummen einstreichen konnte. Viele frühere Beschäftigte dieser dann ehemaligen Betriebe durften dementsprechend die Werke, von denen ihnen vormals versichert worden war, das seien jetzt „eure“ und die könne man „euch niemals mehr wegnehmen“, abreißen und die entstehenden Unmassen an Stahl-, Buntmetall- und Aluminiumschrott für den Abtransport vorbereiten, um anschließend „in die Arbeitslosigkeit zu gehen“.

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