Am 16. und 17.10.2008 führte mich der Weg nach Sachsen und Sachsen-Anhalt, zwar eigentlich auf den Spuren der Wasserkraft, doch kam ich auch an zweien der inzwischen sehr selten gewordenen alten Brikettfabriken vorbei. Zuerst an der Brikettfabrik Witznitz bei Borna in Sachsen, die ich bis jetzt nur von Bildern kannte.
Zwar blieben hier die hauptsächlichen Baukörper – Naßdienst, Trockendienst, Pressenhaus und andere – erhalten, doch wurden sämtliche Maschinen im Zuge der „Sanierung“ nach der Stillegung im Jahre 1992 verschrottet. Auch wurden die Gebäude aller typischen Verbindungen untereinander wie Bandbrücken, Rohrleitungen usw. sowie sämtlicher sonstigen Neben- und Gleisanlagen beraubt, so daß die einzelnen Gebäude heute als Torsen wie amputiert recht sinnlos in der Gegend stehen.
Brikettfabrik Witznitz – Industriedenkmal oder Industrieruine?
Dieses Torsoartige mag vielleicht in Knappenrode noch Sinn ergeben haben, weil dort fast alle Anlagen in einem einzelnen langgestreckten riesigen Gebäude Platz gefunden hatten. Aber hier in Witznitz mit der starken baulichen Gliederung der Fabrik?
Außerdem scheint von dem Enthusiasmus früherer Jahre, der darauf abzielte, das ganze zu „entwickeln“ und einer wie auch immer gearteten Nachnutzung zuzuführen, wenig übriggeblieben zu sein. Fast alles macht einen sehr verfallenen und ungepflegten Eindruck. Auf deutsch gesagt scheint sich keine Sau für die alte Brikettbude zu interessieren.
Quo vadis, Brifa Witznitz?
Nur die ehemalige Kraftzentrale sieht einigermaßen gepflegt aus
Aktivität innerhalb der Gebäude war allerdings gleich auf den ersten Blick wahrzunehmen – und zwar in Form des Einsatzes von Schneidbrennern. Anscheinend befindet sich im Inneren des ehemaligen Trockendienstes immer noch genügend Eisenschrott, um deren Einsatz zu rechtfertigen.
Die ehemalige Werkstatt paßt sich bereits der Farbe der Umgebung an
Doch halt! – im hintersten Bereich der Fabrik, am anderen Ende des Trockendienstes, kaum zu entdecken, sind tatsächlich Sanierungsarbeiten im Gange. Zwar betreffen die nur den kleinsten Teil des Komplexes, sind aber immerhin vorhanden. Man darf also gespannt sein, was sich daraus noch „entwickeln“ wird!
Tags darauf kam ich an der Brikettfabrik Roßbach bei Braunsbedra in Sachsen-Anhalt vorbei. Dieser hatte ich bereits vor anderthalb Jahren einen kurzen Besuch abgestattet. Heute wie damals wird der Zugang zu diesem angeblichen Industriedenkmal schlicht verwehrt. Das ist natürlich sehr schade, denn im Gegensatz zu Witznitz ist hier – obwohl Bkf Roßbach bereits seit 1967 (!) stillgelegt ist – noch fast alles komplett, abgesehen von den einst ausgedehnten Gleisanlagen. Auch die Maschinen sollen, soweit nicht von Schrottdieben gestohlen, noch vorhanden sein.
Brikettfabrik Roßbach
Der Herr vom Wachschutz an der Pforte war meinem Anliegen, die Fabrik wenigstens äußerlich zu dokumentieren, zwar durchaus gewogen, und es ergab sich noch ein längeres Gespräch. Der nette Herr erklärte mir auch, über die tatsächlichen Verfügungsverhältnisse auf dem Fabrikgelände unzureichend informiert zu sein. Die Firma „Roßbacher Kunststoffverarbeitungs GmbH“, welche auf dem Gelände der Brikettfabrik ansässig ist, scheint rigoros abzulehnen, daß irgendjemand, der mit einer Kamera bewaffnet ist, sich offiziell und legal auf das Gelände begibt – obwohl auf der Rückseite des Komplexes zahlreiche Löcher im Zaun klaffen, durch die man jederzeit ohne Schwierigkeiten hineingelangen kann.
Diese Brifa ist nur aus der Ferne zu bewundern
Leider schreitet auch hier der Verfall unaufhaltsam fort; auf dem untenstehenden Bild sieht man deutlich, daß das Dach des Trockendienstes stelllenweise bereits eingebrochen ist. Offensichtlich wird rein nichts zum Erhalt der Brikettfabrik getan. Was ist das für ein Denkmalschutz, der nichts schützt? Man denke nur an das Schicksal der Brikettfabrik Phoenix in Mumsdorf! Und wem nützt ein Industriedenkmal, das man nur aus weiter Ferne bewundern kann?
Der Zerfall schreitet fort
Da mein Schreiben an den Chef der Firma „Roßbacher Kunststoffverarbeitungs GmbH“ wohl angekommen ist, jedoch seit Monaten unbeantwortet bleibt, werde ich nunmehr über die Stadt Braunsbedra und über den Denkmalschutz versuchen, Zugang zu der Brifa zu erhalten.