Anläßlich eines Kurzurlaubes in Wien zum Geburtstag meiner lieben Wahlverwandten bot sich endlich einmal Gelegenheit, dem Eisenbahnmuseum Heizhaus Strasshof in Niederösterreich einen Besuch abzustatten. Aber um es gleich vorwegzunehmen: Diesmal gelang es mir nur zum Teil, die ganze Sache in bestmöglichem Licht darzustellen, wie das ja sonst stets meine Absicht ist. Aber seht selber.

Auffällig war schon am Anfang, daß überhaupt nichts los war. Außer mir war nur ein einziger anderer Besucher auf dem riesigen Museumsgelände anzutreffen. In der großen Lokhalle gleich vorne am Eingang fand ich eigenartigerweise kein Fotomotiv vor, das mich gereizt hätte. Vielleicht wäre es mit Stativ anders gewesen ... nun, in Zukunft werde ich immer eines mitnehmen, auch in die Berge oder bei Flugreisen. Für letztere habe ich ja jetzt so ein ganz klein zusammenfaltbares leichtes Alustativ von meinem Freund Ali Express :)

Auf dem weitläufigen Außengelände ist eine große Zahl an Eisenbahnfahrzeugen österreichischer Herkunft zu sehen. Vorne an der Lokhalle stehen einige Fahrzeuge, die in betriebsfähigem Zustand sind und zum Teil für Sonderfahrten eingesetzt werden:

1142 630 in schickem neuem Farbkleid

1142 630 in schickem neuem Farbkleid, wenn auch ohne Draht

Kleinlok X 130.01 der ÖSEK

Kleinlok X 130.01, Baujahr 1935 bei Borsig in Berlin

Einige Schritte weiter sieht es dann schon weit „rumpeliger“ aus, wie der Berliner so schön sagt. Leider ist kein einziges Fahrzeug mit Informationstafeln ausgestattet, obwohl hier wirklich viel hochinteressantes zu sehen ist wie dieser Gepäcktriebwagen BBÖ ET 30.02 / ÖBB 4060.02 / Montafonerbahn ET 10.106, Baujahr 1936, oder der BBÖ ET 10.003 / ÖBB 4041.03, Baujahr 1929:

ET 10.106 der Montafonerbahn

ET 10.106 der Montafonerbahn

ET 10.003 der BBÖ

ET 10.003 der BBÖ

Letzterer war Ende der 80er Jahre anläßlich der 150-Jahr-Feier der Eisenbahn in Österreich in den hier zu sehenden Originalzustand zurückversetzt worden. Das sah auch einige Jahre später noch so aus. Wie man sieht, ist das Fahrzeug seither wohl dem Verfall preisgegeben.

Geht man dann weiter, so zeigt sich leider, daß der Zustand der Fahrzeuge immer schlechter wird, je weiter man auf dem riesigen Gelände nach hinten vordringt. Daß das Museum anscheinend so gut wie überhaupt kein Geld hat, zeigte sich auch darin, daß die Zwischenräume zwischen den Gleisen schon recht lange nicht mehr gemäht worden waren und das Kraut, um nicht zu sagen der Busch, teilweise kniehoch stand. Das mag den Enthusiasten nicht abhalten, aber Familien mit kleinen Kindern oder gar Kinderwägen wohl schon, und der zweifelhafte und stark vernachlässigte Zustand des weitaus größten Teiles des Areals erklärt unter anderem, warum hier keine weiteren Besucher zu sehen waren.

229.222 der kkStB/BBÖ

229.222 der kkStB / BBÖ, Baujahr um 1911

23 der SB/153.7114 der ÖBB und 106 der KEB

23 der SB / 153.7114 der ÖBB und 106 der KEB in traurigem Zustand

Diese beiden Methusalems sind besonders schöne und altertümliche Dreikuppler-Schlepptenderloks mit Außenrahmen und stammen aus den 1860er Jahren. Ich will nicht zu hart urteilen, weil ich weiß, wie es ist, wenn man kein Geld hat, und natürlich ist das hier immer noch besser als der Schneidbrenner. Dennoch ist es eine wahre Schande, daß diese 150 Jahre alten höchst ehrwürdigen, seltenen und wertvollen Loks aus der Jugend des Eisenbahnwesens hier im Freien vergammeln.

Nicht besser ergeht es einer ganzen Reihe wenngleich wesentlich jüngererer Ellok-Oldtimer, die hier wie der sprichwörtliche Schrottzug zusammengestellt vor sich hin rosten und gleichzeitig langsam zuwachsen. Ob die Vandalismusschäden erst hier entstanden sind oder schon da waren, als die Loks hierher kamen, ist nicht ersichtlich; beseitigt wurden sie bisher jedenfalls nur zum Teil.

1020.038 der ÖBB

1020.038, Baujahr etwa 1942, in Germanien auch liebevoll „Eisenschwein“ genannt

1145.009 der ÖBB

Die knuffige 1145.009, Baujahr etwa 1930, macht den Eindruck, als sei sie buchstäblich im letzten Augenblick vor dem Schneidbrenner gerettet worden

1245.001 der ÖBB

Die 1245.001, Baujahr 1934, war zuletzt als Vorheizanlage 011.01 im Einsatz

Und je weiter nach hinten man kommt, desto mehr gleicht das Gelände vollends einem Schrottplatz.

Unbekannte Kleinlok von Orenstein & Koppel mit Stangenantrieb

Unbekannte Kleinlok von Orenstein & Koppel mit Stangenantrieb

Schrotthaufen

Schrotthaufen mit weiteren Kleinlokresten

Mehr Schrotthaufen

Mehr Schrotthaufen

Das mag zwar teilweise recht pittoresk sein, aber kann man solche Stücke noch „Exponate“ nennen? Wäre ich hier Kurator, ich stürbe täglich tausend Tode. (Ich bin ja schon am Deutschen Museum, wo ich derzeit noch beschäftigt bin, froh darum, kein Kurator zu sein.)

Diesen ehemaligen Wiener Stadtbahnwagen hier, die wohl lange Zeit bei Stern & Hafferl auf oberösterreichischen Lokalbahnen Dienst taten, bleibt jedenfalls nur noch recht wenig Zeit, bis der Zerfall unwiderruflich ist.

Wiener Stadtbahnwagen, an denen noch Reste der Farben von Stern & Hafferl zu erkennen sind

Triebwagen-Schrottparade

Triebwagen-Schrottparade

Einzig und allein an dieser ebenfalls an einen Schrottzug erinnernden Triebwagenparade war Aktivität durch einen einsamen anscheinend ehrenamtlich tätigen Aktivisten wahrzunehmen. Der gute Mann war hier mit der Handdrahtbürste angetan beim Kampf gegen den Rost zugange und wenn ich ihn richtig verstanden habe, ist eines der hier herrschenden Probleme das, daß – die Eigentumsverhältnisse der Fahrzeuge teilweise ungeklärt sind.

Recht nachdenklich ging ich zurück zum Ausgangspunkt. Der Anblick seit Jahren offensichtlich unbefahrener Reste einer 7¼- und 5 Zoll-Gartenbahnstrecke wurde immerhin dadurch relativiert, daß im vordersten Bereich doch noch weitere Aktivität wahrzunehmen war, und zwar beim Neubau eines Gartenbahnlokschuppens. Auch sind hier vorne einige weitere Fahrzeuge in gutem und betriebsfähigem Zustand zu sehen:

5042.14 der ÖBB

BBÖ VT 42.14 / ÖBB 5042.14, Baujahr 1936

Uerdinger Schienenbus 5081.15

Der immer gern gesehene Uerdinger Schienenbus, hier ÖBB 5081.15

Der „Blaue Blitz“

Der „Blaue Blitz“ mit ÖBB 5145.01 an der Spitze

Speisewagen für den „Blauen Blitz“

Der „Blaue Blitz“ hat einen eigenen Speisewagen

Welch ein Riesenunterschied jedoch zum vergleichbaren tschechischen Eisenbahnmuseum Lužná u Rakovníka, das ich etwa ein Jahr zuvor besucht hatte. Zwar nicht ganz so groß wie Strasshof, ist dort jedoch alles picobello gepflegt, alle Exponate sehen schick aus, das Gelände ist in tadellosem Zustand mit asphaltierten Wegen usw. usf. ...

Da kommt man dann schon sehr in's Grübeln. Wie schon geschrieben, will ich dem Museum in Strasshof keineswegs übel nachreden, denn die Sammlungstätigkeit als solche zeigt ja, daß man erhalten will. Aber offensichtlich fehlt es im ach so wohlhabenden und ach so konservativen Österreich schlicht und einfach am Geld und am Interesse, das eigene technische Erbe erhalten zu wollen. Ganz im Gegensatz zur Tschechischen Republik, wo die Fahrpreise bei der Bahn heute immer noch praktisch geschenkt sind, wo man aber trotzdem immer noch die schönste Eisenbahn von ganz Europa hat und sich obendrein nicht nur eines, sondern mehrere Eisenbahnmuseen im Zuschnitt von Lužná u Rakovníka leistet ...

Zum Schluß ein Schnappschuß vom Ausgang, der die Atmosphäre hier in diesem Museum noch einmal treffend zusammenfaßt ;)

Stilleben mit Gartenzwerg

Stilleben mit Gartenzwerg

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